Wortgottesfeier zum Weltschöpfungstag am 5. September 2021
Predigtgedanken zum Weltschöpfungstag:
Welche Spuren wollen wir auf Mutter Erde hinterlassen? Wie viele unserer Spuren gehen bereits auf Kosten der Schöpfung? Wenn man sich den ökologischen Fußabdruck ausrechnet, kommen wir in Österreich im Schnitt auf einen Wert, bei dem wir drei Erden bräuchten. Drei! Wir haben aber nur EINE Erde - eine Mutter Erde. Es gibt keine weitere Erde. Die Schöpfung ist gut und vollendet, so wie sie ist.
Unser Lebensraum wurde uns von Gott nicht geschenkt - er hat uns Leben geschenkt und unsere Mutter Erde zum Leben geliehen. Unsere Kinder und alle, denen Gott noch Leben schenkt, lange, nachdem unsere Zeit auf Erden bereits abgelaufen ist, sollten einen Lebensraum haben. Doch dieser Lebensraum ist durch unbedachte Handlungsweisen, Geldgier, Geiz und Gewohnheiten in Gefahr.
Das Artensterben schreitet massiv voran und es ist langsam nur noch eine Frage der Zeit, bis die Art “Mensch” nicht mehr existieren kann. Mir geht da auch immer wieder die Geschichte von Noah, der Arche und der Sintflut durch den Kopf. Die Menschen haben Noah damals nicht geglaubt, sie haben weiter gelebt wie bisher und plötzlich kam die Sintflut und löschte Leben aus. Dann höre ich, wie ein Hurrikan durch Amerika zieht und Land überflutet und zerstört. Oder über Starkregen und Flut-Katastrophen in Deutschland. Oder, wie ein Feuer-Inferno durch den Süden von Europa zieht und nicht aufzuhalten ist.
Noch sitzen wir alle gemeinsam in einem Boot und das vermeintlich sichere Boot fühlt sich immer kleiner an. Dennoch will ich an meiner Hoffnung festhalten, dass wir es schaffen, das sichere Boot wieder zu vergrößern. Trotz aller Umstände höre ich doch noch immer wieder: „Es ist noch nicht zu spät - wir können es noch schaffen umzukehren.”
Vor kurzem las ich ein Zitat des bengalischen Literatur-Nobelpreisträgers Rabindranath Tagore: „Wer Bäume setzt, obwohl er weiß, dass er nie in ihrem Schatten sitzen wird, hat zumindest angefangen, den Sinn des Lebens zu begreifen.” In meiner Rolle als Mutter ist er für mich wahrscheinlich greifbarer.
Meine Kinder treiben mich dazu an, alles zu hinterfragen, zu reduzieren und Gewohnheiten zu überdenken. Die Großeltern treibe ich wahrscheinlich schon in den Wahnsinn, weil ich ihnen Richtlinien für Geschenke vorgebe, die ich nicht mehr annehmen will, weil ihre Enkel dann mit den entsprechenden Konsequenzen leben müssen. Für mich fängt der Wahnsinn aber an, wenn ich die Augen öffne und hinschaue, welchen Preis billige Geschenke, Güter oder weit gereiste, mehrfach verpackte Lebensmittel tatsächlich haben.
Zu Beginn dieser Feier hörten wir das Lied „Da berühren sich Himmel und Erde”. Es heißt darin: „Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen und neu beginnen - ganz neu.” Niemand kann und muss von einem Tag auf den anderen sein komplettes Leben über den Haufen werfen - es sind viele kleine Schritte notwendig, aber diese dürfen wir mutig beschreiten. Oder anders formuliert von der amerikanischen Köchin Anne Marie Bonneau, die auf Zero Waste spezialisiert ist („Zero Waste“ bedeutet übersetzt etwa: null Müll): „Wir brauchen nicht eine Handvoll Leute, die Zero Waste perfekt umsetzen. Wir brauchen Millionen von Menschen, die es unperfekt umsetzen!"
Und ich muss zugeben: Alles, worauf ich und meine Familie bisher verzichtet haben oder was wir durch diesen Antrieb geschafft haben, macht uns Freude. Und wir würden keine Änderung mehr rückgängig machen wollen.
Wir haben Privilegien, haben aber auch Verantwortung. Und Gott hat uns den freien Willen geschenkt und die Chance, klug zu handeln. Jede und jeder Einzelne von uns hat Talente, Wissen und Können, um Änderungen zu bewirken. Ob Repaircafé, Flohmarkt, sinnvolle Ernährung, das Teilen von Gütern,... - jede und jeder darf die Chance ergreifen, die entscheidenden Schritte zu unternehmen, damit es für unsere Kinder noch ein Morgen gibt. Martina Anger